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Connected Commerce & Kundenzentrierung: Wo steht der stationäre Handel?

Der stationäre Handel arbeitet derzeit, teils mit Hochdruck, an seiner Digitalisierung. Im Mittelpunkt stehen dabei der Ausbau und die Verzahnung ihrer Touchpoints und die Einführung kundenbezogener Services. Mit Lars Hofacker, Leiter des Forschungsbereichs E-Commerce beim EHI, haben wir über den Status Quo und die Potenziale im deutschen Einzelhandel gesprochen.

In einer neuen Studie des EHI haben Sie Händler aus verschiedenen Branchen befragt. Wo steht der Connected Retail in Deutschland?

Im Vorfeld haben wir uns ernsthaft gefragt wie salonfähig Omnichannel noch ist und welche Rolle Marktplätze und Plattformen spielen. Doch auch fünf Jahre nach der ersten Untersuchung zum Omnichannel-Commerce ist das Thema Kanalverzahnung immer noch das Top-Thema im Bereich Connected Retail. Neben der klassischen Online-Offline-Verzahnung stehen vermehrt Verzahnungen mit digitalen Touchpoints wie Plattformen oder der Ausbau von Services im Fokus.

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Was sind aktuell die größten Hürden für stationäre Händler?

Mensch und Maschine sind die Top-Themen. Überall dort, wo Menschen ins Spiel kommen, erfordert es viel Anstrengung, sie so vorzubereiten und mitzunehmen, dass sie die geplante Vorgehensweise voll mittragen. Das beinhaltet in der Organisation das Aufbrechen von alten Strukturen für ein neues Mindset sowie die Personalsuche und -auswahl. Insbesondere die Suche nach geeigneten (Omnichannel-) Entwicklern und Logistikern verlangsamt die Implementierung. Der Faktor Maschine zählt mit seinen technischen Voraussetzungen und seinem aufwendigen Datenmanagement zum zweitwichtigsten Thema. Das Sammeln der Daten unter Berücksichtigung der DSGVO, die Datenqualität, -aufbereitung und -pflege verursachen auch erhebliche Kosten.

Lässt sich ein durch Corona verstärkter Trend zur Digitalisierung im Einzelhandel ausmachen?

Das Feindbild E-Commerce ist durch das starke Wachstum vermehrt verschwunden. Die digitalen Touchpoints waren zeitweise die einzige Anlaufstelle für die Kunden. Natürlich konnten vom Shutdown betroffene Handelsunternehmen mit geringen Online-Anteilen ihre stationären Einbrüche mit ihrem Onlineshop nicht kompensieren, aber es lief zumindest weiter. Außerdem war es auch ein klares Signal für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Fläche die eigenen E-Commerce- und Omnichannel-Aktivitäten als Chance zu sehen. Unternehmen und Mitarbeiter haben gelernt, flexibel zu agieren. Ich denke, Stores wandeln sich nicht nur von Verkaufsstellen zu Inspirationsquellen, sondern standortabhängig auch zu Service-Points. Die Kundschaft fokussiert sich immer mehr auf die kundenzentriertesten Konzepte und digitale Touchpoints sind die erste Anlaufstelle.

Welche Branchen sehen Sie in der Entwicklung eher vorne, welche hinten?

Die reifen und starken E-Commerce-Branchen wie Fashion und Elektronik liegen vorne bei den Verzahnungen und Plattformen. Doch Händler mit FMCG holen auf.

Stichpunkt Customer Experience: Wo sehen Sie Schwächen von großen Online-Playern wie Amazon? Wo können dagegen kleine und mittelständische Händler punkten?

Amazon als Ökosystem bietet eine praktische und einfache Einkaufsmaschine mit komfortablen Services und Self-Services, aber gleichzeitig ist es ein recht sortimentsübergreifender Onlineshop ohne den Anspruch an einen Schönheitspreis. Kleine und mittelständische Shops können sich mit Expertise und Fachkompetenz abheben. Einige dieser Gattung setzen auf einen branchenspezifischen beratenden Shop, Inhalte mit Fachwissen, Expertise und Events. Regionalität und Kundennähe spielen auch eine Rolle. Es bietet sich an mit Produkten und Services zu punkten, die (noch) nicht in das Business von Amazon passen.

Mensch und Technologie: Wie verorten Sie beide im Shoppingerlebnis der Zukunft?

Dass Technologie ein Mittel zum Zweck ist, betonten ausgerechnet Interviewpartner mit E-Commerce- und IT-Hintergrund. Man möchte Technologien wie KI dafür verwenden, den Kunden digital zu begeistern und zu inspirieren. Vermutlich wird das „eine“ Shoppingerlebnis an einem Touchpoint seltener. Das wahre Shoppingerlebnis basiert auf der Customer Journey von A bis Z.

Welche Services und Angebote schätzen Sie persönlich als Shopper?

Online-Self-Services und innovative Mobile-Konzepte (App, PWA) schätze ich sehr. Ich möchte nicht für jede Fragestellung Mails schreiben oder Hotlines anrufen, sondern selbst prüfen, wo die Ware verfügbar ist, komfortabel ordern und die Zustellung oder Abholung steuern. Unabhängig davon, ob es sich dabei um die klassische Zustellung nach Hause oder die Abholung von Packstation, Store oder Abholpunkt handelt. Ich denke hier passiert gerade sehr viel, wie sich bei Händlern und Dienstleistern wie ROQQIO beobachten lässt.

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