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24-Stunden-Läden: Rettung für den Retail?

Der 24-Stunden-Laden, also ein stationäres Geschäft, das rund um die Uhr geöffnet sind und zu später Stunde sogar ganz ohne Personal funktionieren: Die totale Digitalisierung macht’s möglich. Und es funktioniert bereits!

Formate, wie der 24-Stunden-Läden, sind die Antwort auf die Abwärtsspirale, in der sich der stationäre Handel befindet, seitdem die Online-Konkurrenz dessen Versäumnisse, Schwachstellen und systembedingte Nachteile schonungslos aufzeigt. In diesem Blog erfahren Sie die positiven Eigenschaften eines Onlineshops im Vergleich zu Geschäften im heutigen Zeitalter.

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Machen wir uns nichts vor: Läden sind out. Das Image des klassischen Handels ist im Keller. Einkaufen im Onlineshop ist dagegen hipp. Denn Shopping per Klick gilt als so wunderbar „conveniant“. Zu Recht! Denn mal ehrlich: Läden gibt es schon seit mehreren Jahrhunderten von Jahren, und im Kern hat sich in dieser Zeit nicht viel geändert. Langweilig. Gäähn.

Investitionen ohne Wirkung

Zwar haben die Stores von heute rein optisch nicht mehr viel mit den Geschäften vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte gemein. Schließlich wird viel Geld in das sogenannte Kauferlebnis investiert. Aber den meisten Akteuren im Handel ist noch nicht bewusst geworden, dass die Kunden heute zu einem Großteil anders ticken als früher und damit auch der Begriff „Kauferlebnis“ ganz neu definiert werden muss. So hat die anhaltende Digitalisierung des Alltags die Menschen dazu erzogen, ihr Leben per Smartphone oder Computer-Mausclick zu organisieren. Da stellt die Frage, warum eigentlich jemand vom Sofa aufstehen sollte, um sich auf Shopping-Tour in die nächste City zu begeben, ganz neu.

Meine Prognose: Wenn der Onlinehandel jetzt auch noch die Retourenabwicklung weiter vereinfacht, dann wird es für stationären Retail noch schwerer als bisher, genügend Anziehungskraft zu entwickeln.

Problemfall Personal & Parkplätze

Schließlich ist da ja auch noch das Problem des mitunter unfreundlichen, genervten und inkompetenten oder aber übermotivierten und aufdringlichen Personals. Hinzu kommen häufig fehlende Parkplätze oder Fahrradstellplätze und als Folge die Frage, wie man als Käufer eigentlich die Ware nach Hause schafft. Das sind doch die Themen, die der Offline-Handel eigentlich lösen müsste, bevor er überhaupt damit anfängt an Erlebnis-Shopping zu denken.

Genervt an der Kasse

Konsumforscher wissen, dass sich vor allem auch an der Kasse im Offline-Handel etwas ändern muss. Bewusst oder unbewusst fühlen sich viele Kunden einfach nur genervt und beim „Beute machen“ mit lästigen, unangenehmen Zahlungsprozessen bestraft. Ganz anders dagegen Amazon. Ja, für viele ein Feindbild, gewiss. Aber die One-Click-Zahlungsabwicklung von Amazon ist nahe der Perfektion. Und selbst wenn ich beim Online-Einkauf mal den Pin falsch eingegeben oder gar vergessen habe – es sieht ja keiner. Das Schämen und der Stress an der Kasse – „Jetzt bloß nicht falsch tippen“ – bleibt mir im Online-Handel erspart.

Drangsalierung per Gesetz

Ein weiteres Manko der Stationären sind die gesetzlichen Regelungen zur Ladenöffnung. Hier herrscht einfach keine Waffengleichheit: Online kaufen kann man 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche, stationär dagegen 12 Stunden an 6 Wochentagen – wenn es gut läuft. Und der Sonntag fehlt. Dabei ist gerade der Sonntag ein so wichtiger Tag. Es geht hier auch nicht um riesige Umsatz-Peaks an einem Sonntag, sondern um die Option, jederzeit zugreifen zu können und Konsum, zu dem ich bereit bin – und zwar jetzt –, nicht auf den Montag verschieben zu müssen. Das sofortige „Beute machen“ ist hier das oberste Ziel.

Die Lösung: Shoppen rund um die Uhr

Langfristig hilft nur Eines: Der 24-Stunden-Laden. Denn es will mir einfach nicht in den Kopf, warum man sich etwa nach einem Restaurantbesuch nicht auch noch um 23 Uhr in einem stationären Geschäft für einen Club-Besuch neu einkleiden können soll. Wer heute außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeit etwas kaufen will, denkt nahezu automatisch nur und wirklich nur an den Online-Vertriebsweg. Mir selbst geht es genauso. Das ist bei mir fest einprogrammiert. Das will ich ändern. Das MUSS sich ändern. Ich will kaufen, wann ich will! Zwar ist ein 24-Stunden-Laden mit Personal quasi unbezahlbar, aber mit einem Höchstmaß an Digitalisierung absolut machbar. Eine hundertprozentige Kamera-Abdeckung und ggf. der Einsatz von Security vor dem Store schützen den Laden gegen Diebstahl und Vandalismus. Es dürfen nur zuvor registrierte Kunden das Geschäft betreten. Der Zutritt wird via Biometrie (Finger, Hand, Gesicht) oder Smartphone autorisiert. Ggf. kann an einem Terminal ein Mitarbeiter etwa via Skype zugeschaltet sein, um Fragen von Kunden zu beantworten.

Self-Checkout plus RFID

Moderne Self-Checkout-Möglichkeiten können zu den personalfreien Ladenzeiten die üblichen Kassen ersetzen und in den „normalen Ladenzeiten“ die Spitzen abfangen. Die Kunden zahlen dabei mit dem eigenen Smartphone. Das kennen sie vom Online-Kauf. Darin haben sie ihre Online-Bezahlungsmöglichkeiten abgespeichert. Dem vertrauen sie. Ideal: Eine RFID-Warenkontrolle, die nur dann alarmiert, wenn ein nicht gekauftes bzw. gezahltes Teil den Laden verlassen sollte.

Bedenkenträger ohne Chance

„Kennen wir nicht.“ „Geht doch eh‘ nicht.“ „Haben wir noch nie so gemacht.“ Ich höre sie schon, die Bedenkenträger mit all ihren Einwänden, die neuen und intelligenten Lösungen zunächst erst einmal das Leben bzw. die Realisierung schwer machen. Dabei gibt es sie längst, die 24-Stunden-Läden, in denen zu später Stunde auch ohne Personal oder gar rund um die Uhr personalfrei verkauft wird. In China, na klar, wo sonst? Aber auch in Schweden gibt es solche Stores. Und sie funktionieren!

Amazon, unser Lieblingsfeind, macht derweil auf seinem eigenen Weg den nächsten Schritt und experimentiert mit dem Format Amazon Go. Ein Store, in dem auf Kassen verzichtet wird und in der auch völlig ohne Personal betrieben werden kann. Eine 24-Stunden-Öffnung ist dann nur die logische Konsequenz. Bei uns in Deutschland sorgen wir uns derweil mehr als woanders um die Einhaltung unserer Ladenöffnungszeiten. Wie lange noch?

Johannes Schick

Johannes Schick war seit 1986 bei der ROQQIO GmbH und leitete zwischen 2002 bis 2021 er als CEO die Geschicke. Seit 2021 ist er Geschäftsführer der e-sensio GmbH. Damit gehört er zu den Experten der Software-Branche für den Handel. Omnichannel bedeutet für ihn die Zukunft!

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