E-CommerceHandel

Retourenvermeidung im Onlinehandel

Der Onlinehandel boomt. Speziell die Shopping-Wochen rund um den Black Friday und Cyber Monday führen zu Rekordumsätzen — im vierten Quartal 2018 wurden laut der Verbraucherstudie des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) online Waren im Wert von 19,7 Milliarden Euro gekauft. Die Schattenseite für Händler: die große Anzahl an Retouren.

Was Kunden so sehr schätzen, ist für viele Händler ein großes Ärgernis, denn Rücksendungen verursachen hohe Kosten, einen enormen Organisationsaufwand und zudem sind sie schädlich für das Klima. Speziell der Fashionbereich ist stark betroffen. Hier liegt die Retourenquote laut einer EHI-Studie zum Versand- und Retourenmanagement im E-Commerce (2019) bei fast 40 Prozent, da der Kunde gerne mehr Artikel zur Auswahl bestellt. Das ist zwar Teil des Geschäftsmodells, einen Teil der Retouren können aber auch Modehändler vermeiden, sofern sie die Gründe dafür kennen.

Ähnliche Artikel

Gründe für Retouren erfassen

Für Onlineshops gibt es zahlreiche Stellschrauben im Retourenmanagement, denn häufig sind die Gründe, warum Kunden Artikel zurücksenden, bekannt. So zeigt eine Umfrage von Statista (2016), dass 62 Prozent der Befragten einen Artikel zurückgesendet haben, weil er nicht passte. 39 Prozent gefiel er nicht und je 30 Prozent haben einen Artikel schon einmal retourniert, weil er beschädigt beziehungsweise defekt war oder aber nicht der Beschreibung entsprach.

Diese Ergebnisse zeigen, dass sich viele Retouren durchaus vermeiden lassen — und teils mit recht einfachen Maßnahmen.

10 Tipps zur Retourenvermeidung:

  • Hochwertige Produktbilder: Achten Sie auf hochwertige und aussagekräftige Bilder und zeigen Sie den Artikel möglichst von allen Seiten beziehungsweise aus verschiedenen Perspektiven. Bieten Sie eine Zoomfunktion und 360-Grad-Bilder an. Speziell im Modebereich sollten Models zum Einsatz kommen und auch Videos sind hilfreich, um zu zeigen, wie das Kleidungsstück fällt und bei Bewegung wirkt. Bei anderen Artikeln hilft es, ihn in Relation zu setzen, etwa zur Hand, einem Bleistift o. Ä., um die Maße zu veranschaulichen.
  • Detaillierte Produktbeschreibungen: Geben Sie alle relevanten Informationen übersichtlich wieder: Material, Größe, Abmessungen, Hinweise zur Reinigung und Verwendung, technische Details, Kompatibilität, Lieferumfang etc. Nutzen Sie eine klare Sprache und sehen Sie von emotionsgeladenem Marketingsprech ab.
  • Größenangaben: Bekleidungsgrößen können für Händler zur Herausforderung werden, da sie von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich ausfallen. Bieten Sie Passformberater und Größentabellen an, damit die Kunden ihren Körperumfang messen und die Größe anschließend sicher selbst bestimmen können. Hilfreich ist zudem ein Hinweis auf die Maße des Models und die Größe des Kleidungsstücks, ebenso der Hinweis, ob das Kleidungsstück eher klein oder groß ausfällt, worüber Kundenbewertungen und Retourenformulare Aufschluss geben können. Zalando zum Beispiel empfiehlt inzwischen eine Größe, basierend auf den eigenen Bestellungen und den Kundenrezensionen.
  • Kundenbewertungen einholen und online bereitstellen: Die Meinungen anderer Kunden helfen sehr bei der Auswahl des passenden Produkts. Bleiben Sie ehrlich und stellen Sie auch kritische Bewertungen online, schließlich soll sich der Kunde ein umfassendes Bild machen und im Shop, falls nötig, eine Alternative suchen, nicht das Produkt verärgert zurückschicken und zur Konkurrenz abwandern.
  • Persönliche Beratung und Hilfe anbieten: Bieten Sie Ihren Kunden die Möglichkeit, Sie in Echtzeit bei Fragen per Chat oder Telefon zu kontaktieren. Bei erklärungsbedürftigen Produkten ist der Kontakt auch nach Kaufabschluss wichtig, um Frustrationen seitens des Kunden und damit Retouren zu vermeiden.
  • Angaben zur Verfügbarkeit und Lieferung: Stellen Sie sicher, dass Ihre Lagerbestände aktuell und die angebotenen Produkte sicher verfügbar sind. Lieferverzögerungen verärgern Kunden, besonders, wenn Sie ein Produkt für einen bestimmten Anlass kaufen. Auch steigt die Gefahr, dass sie den Artikel zwischenzeitlich woanders erwerben. Korrigieren Sie Ihre Angaben zu Standardfristen nach oben, falls Sie diese, etwa rund um den Black Friday, nicht einhalten können.
  • Sichere und ansprechende Verpackung: Damit das Produkt den Kunden unbeschädigt erreicht, muss es vor Versand geprüft und dann gut verpackt werden. Die Verpackung sollte nicht nur schützen, sondern auch etwas hermachen und darüber in die Kundenbindung einzahlen. Seidenpapier wird zum Beispiel anders angenommen als eine Plastikhülle. Auch eine kleine Notiz, zum Beispiel im Namen des Packmitarbeiters, weckt Emotionen und machen ein neutrales Paket fast zu einem persönlichen Geschenk, von dem man sich nur noch ungern trennt.
  • Einfacher Weg zur Stornierung: Zeigen Sie Kunden die Möglichkeit auf, vom Kauf zurückzutreten, bevor das Packet ausgeliefert wird.
  • Versandoptionen optimieren: Zu den Standards gehören Paketshops und Packstationen. Bieten Sie Ihren Kunden zusätzlich Same-Day-Delivery und die Möglichkeit, die Wunschzeit oder einen Ablageort zu bestimmen.
  • Fragen Sie direkt nach den Gründen für die Rücksendung und legen Sie dem Rücksendeetikett einen entsprechenden Ausdruck bei. Auf dieser Basis können Sie Ihren Bestell- und Versandprozess optimieren und zum Beispiel die Produktdarstellung im Onlineshop verbessern, falls sich hier Schwächen zeigen.

Künftig werden sicherlich auch neue Technologien wie Augmented und Virtual Reality zur Retourenvermeidung beitragen, denn sie ermöglichen zum Beispiel virtuelle Anproben und das Erkunden von Produkten in 3D.

Produktauswahl und -überprüfung

Neben den kundenorientierten Maßnahmen kommen zur Retourenvermeidung sortimentsorientierte Maßnahmen zum Tragen: Überprüfen Sie regelmäßig die Qualität Ihrer Produkte und achten Sie darauf, ob ein bestimmter Artikel besonders häufig retourniert wird. Weist der Artikel vielleicht einen Mangel auf? Ist die Produktverpackung für diese Art von Artikel eventuell nicht ausgelegt und es kommt deswegen zu Schäden? Oder hilft es, an der Produktdarstellung im Shop zu arbeiten?

Falls Sie die Probleme nicht bereinigen können und der Artikel ein Hochretourer bleibt, sollten Sie darüber nachdenken, ihn aus Ihrem Sortiment zu nehmen und gegebenenfalls durch eine Alternative zu ersetzen.

Auch bewährte Produkte sollten Sie regelmäßig prüfen, schließlich ändern Hersteller auch gelegentlich die Materialien oder wechseln die Produktionsstätte, was sich wiederum negativ auf die Qualität des Artikels auswirken kann — und schließlich auch die Retourenquote in die Höhe treibt, wenn die Erwartungen auf Basis der einst guten Kundenbewertungen nicht mehr erfüllt werden.

Retourenvermeidung vs. Retourenverhinderung

Viele Maßnahmen der Retourenvermeidung zahlen darauf ein, das Einkaufserlebnis zu verbessern: Kunden können sich einfach und bequem ein umfassendes Bild von Produkten machen. Die Retourenverhinderung dagegen kann der Kundenzufriedenheit schaden und dazu führen, dass Kunden den Shop nicht mehr besuchen. So sorgen Rücksendegebühren, fehlende Rücksendeetiketten oder hohe Hürden beim Anfordern dieser Scheine schnell für Unmut.

Forschungsergebnisse zur Retourenvermeidung

Kunden finden es durchaus in Ordnung, wenn Onlinehändler Maßnahmen gegenüber den sogenannten Vielretournierern ergreifen, hat eine Studie der Hochschule Darmstadt in Kooperation mit dem Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh) ergeben. 56 Prozent der Befragten finden so ein Vorgehen demnach in Ordnung, nur 14 Prozent sind dagegen, 30 Prozent sind in der Frage gespalten. Frauen stehen Konsequenzen bei vielen Retouren deutlich kritischer gegenüber als Männer.

Die Hochschule Wedel hat derweil untersucht, welche Maßnahmen zur Retourenvermeidung wirken. Das Ergebnis: Bei Frauen funktioniert ein CO2-Konto , das die Auswirkungen des eigenen Einkaufsverhaltens auf das Klima veranschaulicht, gut, während Männern eher mit Größenempfehlungen und einer Größenberatung online geholfen ist.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"