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Leitfaden Digitalisierung: Wie Handelsunternehmen digital werden

Der digitale Wandel ist eine der zentralen Herausforderungen der Handelsbranche. Ebenso ist er ein Muss, um die Effizienz im Unternehmen nachhaltig zu steigern, Kosten zu senken, Umsätze zu steigern und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Den EINEN Weg gibt es dabei nicht, denn Unternehmen unterscheiden sich in Größe, Digitalisierungsgrad, Firmenstruktur oder auch hinsichtlich externer Faktoren wie Kundenwünschen und Besonderheiten der Branche. Hinzu kommt: Die digitale Transformation ist an sich schwer zu fassen. Insbesondere kleine und mittlere Händler stoßen bei Digitalisierungsprozessen schnell an ihre Grenzen und kämpfen mit Unsicherheiten. Wo beginnen? Und wie vorgehen?

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Mit unserem Leitfaden wollen wir Ihnen eine Orientierungshilfe bieten, mit der Sie Änderungsprozesse anstoßen und Ihr Digitalisierungsprojekt starten können.


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1. Prozesse analysieren, Potenziale erkennen

Eine umfangreiche Analyse zu Projektbeginn offenbart den eigenen digitalen Reifegrad. Dabei ist essenziell, den Digitalisierungsgrad der eigenen Branche sowie den Status Quo bei einzelnen Wettbewerbern zu betrachten. Auch ein Blick über das unmittelbare Marktumfeld hinaus kann sich lohnen, um digitale Trends zu erfassen und Potenziale für das eigene Geschäft aufzudecken.

Zentral ist außerdem, die relevantesten Prozesse Ihres Kerngeschäfts unter die Lupe zu nehmen. Das betrifft die Backendprozesse, etwa im Lager- und Warenmanagement, ebenso wie jene Abläufe, die auf den Kunden ausgerichtet und für ihn direkt erlebbar sind. Zum Beispiel lassen sich viele Prozesse am Point of Sale häufig verbessern: die Erfassung von Kundendaten, die Beratung auf der Fläche, der Checkoutprozess sind nur einige Beispiele. Jeder Händler sollte auch überprüfen, ob eventuell wichtige Vertriebswege fehlen und Touchpoints ergänzt werden sollten, um Kunden besser zu erreichen, seien es Online-Kanäle oder stationäre Filialen, Showrooms oder Pop-up-Stores.

Es kann sich auch lohnen, bereits digitalisierte Prozesse zu analysieren. Läuft es hier eventuell holprig? Lassen sich Synergien mit anderen Bereichen freisetzen? Auch an sich funktionierende analoge Prozesse lassen sich häufig digitalisieren und optimieren. Überlegen Sie: Wo entstehen unnötige Kosten? Wo entstehen Medienbrüche? Welche Abläufe nehmen zu viel Zeit in Anspruch? Wo liegen Hürden zwischen Mitarbeitern und Abteilungen?

Überprüfung der IT-Infrastruktur

Zentral bei Digitalisierungsvorhaben sind, natürlich, Softwarelösungen.

  • Welche Systeme nutzen Sie bereits? Welche Funktionen fehlen? Kommunizieren die Systeme miteinander oder sind es Insellösungen? Welche Daten stehen zur Verfügung und in welcher Form?
  • Welche digitalen Schnittstellen gibt es zu Lieferanten, Dienstleistern und Kunden?

Typische Geschäftsfelder mit Optimierungspotenzial

  • Kundenbeziehung: Wie erreichen Sie Ihre Kunden? Gibt es ein CRM? Kennen Sie Ihre Kunden überhaupt? Welche Kanäle nutzen Sie für die Kundenkommunikation? Was erwarten die Kunden von Ihnen? Wie ist der Kundenservice organisiert?
  • Lager & Logistik: Werden die Bestände automatisiert erfasst und aktualisiert oder müssen Sie Daten noch händisch eingeben? Sind Umlagerungen einfach vorzunehmen? Gibt es immer wieder zu hohe/zu niedrige Bestände? Von wo wird die Ware versendet? Ist das effizient und nachhaltig?
  • Retourenmanagement: Warum ist Ihre Retourenquote so hoch? Ist die Produktdarstellung mangelhaft? Wie ist die Produktqualität zu bewerten? Können Sie nachverfolgen, ob es eventuell Verpackungsprobleme gibt?
  • Lieferanten: Bekommen Sie alle relevanten Informationen und Produktdaten? In welcher Form? Ist ein schneller Datenimport möglich?
  • Buchhaltung: Läuft die Rechnungsprüfung digitalisiert? Wo und wie laufen die relevanten Daten zusammen?
  • Kunden-Touchpoints: Wo erreichen Sie Ihre Kunden? Nutzen Sie alle relevanten Touchpoints? Wie sind diese verknüpft? Wie laufen Filialprozesse, z. B. der Checkout, ab? Welche Kundendaten sammeln Sie?
  • Interne Prozesse: Können sich Mitarbeiter schnell austauschen und haben sie Zugang zu allen wichtigen Informationen und Tools?

Wichtig: Diese Liste ist als Hilfestellung gedacht. Es ist nicht zwingend erforderlich, sämtliche Prozesse umzustellen und das Geschäftsmodell komplett umzubauen. Digitalisierung ist nie Selbstzweck, sondern sollte stets einen Mehrwert für Ihr Unternehmen bieten. Um das zu erreichen, sollten Sie Digitalisierungsziele festlegen.

2. Projektziel(e) klar formulieren

Digitalisieung dient dazu, Prozesse zu verschlanken, Zeit und Kosten zu sparen oder Umsätze zu steigern. Denken Sie kundenzentirert und überlegen Sie, welche Schritte für Ihr Geschäft tatsächlich sinnvoll sind.

Für Ihr Digitalisierungsprojekt ist es wichtig, Prioritäten zu setzen und konkrete Ziele formulieren. Denn: Unklare Projektziele oder schwammig definierte Projektumfänge führen oft dazu, dass Ressourcen verschwendet werden und sich Projekte hinziehen oder gar scheitern.

3. Personellen und technischen Bedarf festlegen

Holen Sie Ihre Mitarbeiter frühzeitig mit ins Boot – und zwar aus allen Hierarchieebenen. Zum einen, um sie für die Digitalisierungsprojekte zu sensibilisieren. Zum anderen können sie während der Prozessanalyse wertvolle Einblicke und Impulse geben, da sie tagtäglich Aufgaben erledigen und Stärken und Schwächen recht schnell identifizieren können. Dafür bieten sich zum Beispiel Workshops an.

Für die Projektumsetzung sollten Sie ein Digitalteam aufbauen, das die Ziele überprüft, gegebenfalls anpasst und das Projekt vorantreibt. Dabei kann es ratsam sein, neben den eigenen Mitarbeitern externe IT-Dienstleister und Berater mit an Bord zu holen, die neben Know-how auch direkt Lösungsvorschläge mitbringen. Achten Sie darauf, Zuständigkeiten stets klar festzulegen.

Um den personellen und technischen Bedarf für Ihr Digitalisierungsprojekt festzulegen, beantworten Sie folgende Fragen: 

  • Wie gut sind Ihre Mitarbeiter ausgebildet und wie können Sie deren Expertise nutzen?
  • Welche Kompetenzlücken gibt es im Team und wie lassen sich diese schließen – durch zusätzliche Fachkräfte, Weiterbildungen oder externe Dienstleister?
  • Welche Systeme wollen Sie künftig nutzen? Welche brauchen Sie zwingend, damit wichtige Prozesse laufen? Welche Komponenten sollten später ergänzt werden? Und welche sind „nice to have“? 
  • Welche IT-Partner können Sie unterstützen?
  • Wie stellen Sie die IT-Sicherheit und den Datenschutz sicher?

Es gibt IT-Systeme, die es ihnen erlauben, ihr Geschäft zu skalieren und benötigte Systeme nach und nach zu integrieren. Setzen Sie künftig auf Lösungen, die mit Ihrem Unternehmen wachsen und flexibel genug sind, um sich an schnell entwickelnde Geschäftsprozesse und ändernde Kundenansprüche anzupassen. Damit das Projekt möglichst reibungslos läuft, müssen Sie im Vorfeld auch zwingend Ausfallzeiten der Systeme oder einzelner Abläufe mit bedenken.

4. Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten

Neben den personellen Ressourcen ist das Budget festzusetzen, eventuell gemeinsam mit ihrem IT-Dienstleister. Berücksichtigen Sie Kosten für einmalige Anschaffungen ebenso wie monatliche Gebühren und laufende Kosten für Wartung und Ähnliches.

Auch ein etwaiges Weiterbildungsbudget oder zusätzliche Personalkosten sowie Beratungsgebühren sollten Sie hier mit einbeziehen. Den Kosten gegenüber stehen die potenziellen Einsparungen, die digitalisierte Prozesse mit sich bringen.

Bedenken Sie zudem mögliche Förderprogramme. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ins Leben gerufene „Digital Jetzt“ etwa unterstützt kleine und mittlere Unternehmen (KMU), wenn diese in digitale Technologien oder die Qualifikation ihrer Mitarbeiter investieren.

5. Umsetzung planen

Vor der praktischen Umsetzung sollten Sie ein Konzept erstellen, das die Handlungsfelder, nötige Ressourcen und einen Zeitplan enthält.

Diesen Plan sollten Sie an alle Mitarbeiter kommunizieren, etwa im Rahmen einer Versammlung oder eines Workshops. Das bereitet den Weg für die eigentliche Umsetzung, kann aber auch zugleich Sorgen und Berührungsängste nehmen, die erfahrungsgemäß mit Änderungsprozessen einhergehen.

Auch externe Partner, Kunden oder andere Stakeholder sind möglicherweise von diesen Prozessen betroffen. Daher sollten Sie sie unbedingt rechtzeitig über mögliche Ausfälle oder Neuerungen informieren


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