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ReCommerce: Der B2C-Handel mit Gebrauchtem nimmt an Fahrt auf

Seit einigen Jahren denken Verbraucher verstärkt über ihr Konsumverhalten nach. Ein Treiber ist schon seit Längerem der Wunsch, nachhaltiger zu leben. Mit der Pandemie kamen Probleme in den Lieferketten hinzu; einige Produkte waren – für die jüngeren Generationen bis dato unvorstellbar – zeitweise einfach nicht mehr in den Geschäften zu haben. Und nun kommt auch noch die Inflation hinzu, die dazu führt, dass die Verbraucher sparen wollen. Einige verzichten daher komplett auf Neuanschaffungen, andere greifen stattdessen vermehrt zu Secondhand-Ware.

Und das passiert inzwischen vor allem online, wie der Statista Global Consumer Survey zeigt. Demnach shoppen 78 Prozent der Befragten Gebrauchtwaren lieber im Internet. Nur 24 Prozent sind in stationären Secondhand-Geschäften unterwegs.

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Gebrauchtwaren: Anbieterzahl wächst

Immer mehr Plattformen antworten auf das steigende Interesse an gebrauchten Waren mit Refurbishing. Das bedeutet, gebrauchte Produkte werden generalüberholt, gereinigt und geprüft, bevor sie zurück in den Verkauf gebracht werden. Amazon und eBay machen das schon seit mehreren Jahren. Laut eBay konnten durch den Verkauf gebrauchter und generalüberholter Waren 2021 rund 1,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart und 47.000 Tonnen Abfall vermieden werden.

Seit Kurzem treten auch mehr und mehr Plattformen auf den Plan, die bislang ausschließlich Neuware vertrieben haben und die nun auch auf dem Gebrauchtmarkt mitmischen wollen. Zalando etwa verkauft über „Pre-Owned“ Secondhand-Ware; bei About You bekommen Produkte unter „Second Love“ eine zweite Chance. Jüngst ist nun Bergzeit als erstes Unternehmen im Bereich der Outdoor-Mode dazugekommen.

Laut Marktplatzstudie 2022 von ecom consulting und gominga hat sich bereits über ein Drittel aller Consumer-Markplätze im DACH-Raum der Nachhaltigkeit verschrieben oder setzt auf Secondhand. Die Studienautoren gehen davon aus, dass Nachhaltigkeit bzw. Circular Economy zu einem zentralen Faktor in der Marktplatzwelt werden wird und sich Anbieter darüber künftig ausdifferenzieren werden.

ReCommerce schont die Umwelt

Die Textilproduktion trägt erheblich zum Klimawandel bei. Zahlen der Unternehmensberatung McKinsey & Company zeigen, dass die weltweite Modeindustrie so viel CO2-Emissionen verursacht wie Deutschland, Frankeich und Großbritannien zusammen.

ReCommerce spart wertvolle Ressourcen und senkt den CO2-Ausstoß. Denn: Statt laufend neue Kleidung oder andere Ware zu produzieren, werden Produkte repariert und wiederaufbereitet, um die Lebensdauer zu erhöhen. Bezeichnungen wie „Preloved Fashion“ sollen Secondhand-Mode dabei aus ihrer angestaubten Ecke holen. Konzepte wie „Circular Fashion“ gehen noch weiter. Das beschreibt einen Kreislauf der Kleidungsstücke, angefangen bei einem verantwortungsvollen Design und der Verwendung nachhaltiger Materialien über die effektive und möglichst lange Nutzung bis hin zur umweltfreundlichen Entsorgung.

Es ist wenig überraschend, dass ReCommerce im Modehandel bereits angekommen ist, gab es doch seit jeher Liebhaber von Vintagestücken, die man mit etwas Glück in einem kleinen, aber feinen Secondhand-Laden gefunden hat. Hinzu kommen nun die preis- und umweltbewussten Konsumenten, die neben Stil und Nachhaltigkeit auf die Bequemlichkeiten des Onlineshoppings setzen.

Auch im Bereich Elektronik ist eine Wiederaufbereitung und Wiederverwertung von Teilen äußerst wichtig, denn die Neuproduktion von Elektronikprodukten ist enorm kosten- und rohstoffintensiv. Potenzial hat ReCommerce auch in dieser Branche. So zeigt eine Umfrage des ReCommerce-Händlers rebuy, dass 60 Prozent der Konsumenten über alle Altersstufen hinweg bereit sind, ein professionell wiederaufbereitetes Gerät zu kaufen.

Allerdings gibt es auch Vorbehalte, schließlich ist die Investition relativ hoch und Konsumenten wollen kein Risiko beim Kauf eines Smartphones oder Fernsehers eingehen. Auch die Frage nach der Updatefähigkeit bei älteren Produkten stellt sich. Händler und Hersteller können Bedenken von Kunden ausräumen, indem sie die Ware zum einen richtig wiederaufbereiten – das gilt für die Optik ebenso wie in puncto Datenlöschung – und zum anderen Garantie und Support einräumen, wie es auch bei Neuwaren üblich ist.

Neue Geschäftsmodelle für verantwortungsvollen Konsum

Konsum ist heutzutage nicht mehr losgelöst von ökologischen und sozialen Faktoren zu sehen. Hersteller und Händler müssen mit ihrem Angebot und dem gesamten Produktions- und Verkaufsprozess darauf reagieren und den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen praktizieren. Das schont die Umwelt, dürfte aber auch in das Image eines Unternehmens einzahlen und ganz neue Zielgruppen ansprechen. Denn: Händler und Hersteller, die ihre Shops und Plattformen um gebrauchte Ware ergänzen, erreichen Konsumenten, die beim Einkauf Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Zudem sprechen sie damit etwa jene Menschen an, die sich ein Produkt ansonsten nicht hätten leisten können oder wollen. Damit wird deutlich: Mit ReCommerce gefährden Unternehmen nicht etwa ihr Geschäft, sondern ergänzen es sinnvoll. Es dürfte sich also lohnen, als Hersteller neben dem Launch und der Vermarktung von Produkten auch den Gebrauchtmarkt von Beginn an strategisch mit einzubeziehen.

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